In den vergangenen Wochen ist so einiges zerbrochen. Darunter auch mein Glaube daran, dass Autisten an einem Strang ziehen wenn es um Autismus geht. Wir ziehen tatsächlich an einem Strang (namens Autismus), aber in vollkommen unterschiedliche Richtungen. Schlimmer noch: Es gibt immer mehr „Aktivisten“ die Verbindungen kappen weil sie pauschal auf Menschen, Vereinen und Organisationen rumhacken die mit Autismus zu tun haben. Mir kommt es tatsächlich vor wie ein Blutrausch in dem auf alle und jeden eingedroschen wird der auch nur ansatzweise etwas Falsches über Autismus sagt. Anstelle das man auf die Personen zugeht, sie darauf hinweist und Alternativen  bzw. Lösungen aufzeigt wird erst mal verbal draufgehauen. Und dann wundern sich die Autisten dass genau diese Menschen keine Lust haben mit ihnen zu reden? Wenn man etwas, und nicht nur seine Faust, bewegen möchte tut man tunlichst gut daran dem Gesprächspartner nicht vor dem eigentlichen Gespräch ordentlich ins Gesicht zu schlagen.

Um ein aktuelles Beispiel zu bringen: Neuerdings gibt es einen „Satireaccount“, betrieben von Autisten, auf Twitter zum Thema Autismus.

Generell nichts Schlimmes, man sollte auch denken das der eine oder andere Autist darüber schmunzeln kann wenn Organisationen mal der Spiegel vorgehalten wird. Man darf dabei aber nicht zu weit gehen und jegliches Maß verlieren. Um nicht zu sagen: Blind alle niederzumähen die auch nur im Entferntesten bei Autisten unbeliebt sein könnten.

Beispiel:

„Liebe Mütter, wir wünschen Euch viel Freude am heutigen Ehrentag und genug Energie, um Euren #Autisten zu ertragen.“

Ich finde es unerträglich, dass hier pauschal allen Müttern von autistischen Kindern ins Gesicht geschlagen wird. Zum einen muss man auch als Autist anerkennen, dass es eben nicht immer leicht ist einen autistischen Menschen in der Familie zu haben. Und auch hier müssen Eltern das Recht haben dürfen sich mal über Probleme zu beklagen. Und das heißt, das ist die andere Seite, nicht das wenn sich eine Mutter mal beklagt dass sie das autistische Kind generell als Last empfindet die man ertragen muss. Oder anders gesagt: Autisten dürfen sich ja auch beschweren das sie in manchen Situationen Nichtautisten nur schwer ertragen können. Warum dürfen Nichtautisten das dann nicht? Und vor allem: Mal dran gedacht wie es ankommt wenn man einer Mutter die ihr autistisches Kind liebt Energie gewünscht wird ihr Kind zu ERTRAGEN? Hallo?

Und noch ein Beispiel:

Der Account retweetet folgendes:

„XYZ danke für die folgt. Entschuldigung, dass ich nicht lesen Deutsch, aber ich bin sicher, dass Sie gute Sachen tweet!

Darauf wird dann seitens des Satireaccounts folgendes geantwortet:

„uns als Interessenvertretung der Autistisch Behinderten kann man problemlos vertrauen! Danke :)“

Habt ihr mal dran gedacht, dass der Adressat das nicht versteht weil er kein Deutsch kann? Und somit nicht versteht das ihr nicht die Organisation seid für die ihr Euch ausgebt und das es sich um einen Satireaccount handeln soll? Kurzum: Hier hört Satire auf und fängt bewusste Verarschung an. Muss das sein?

Das letzte Beispiel zeigt das auch Nachtreten wohl noch Salonfähig ist und unter den Deckmantel der Satire fallen soll:

„.@AutismusForumCH Warum entfolgt Ihr Uns? Länderübergreifende Kooperation ist essentiell zum Kampf gegen die #Autismus Seuche!“

Damit unterstellt ihr einem Schweizer Verein das er Autismus als Seuche ansieht die es zu bekämpfen gilt. Ein Verein der versucht ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Autisten vieles alltägliches eben nicht so leicht fällt wie einem Nichtautisten. Und das man es anerkennen sollte wenn ein Autist Hürden überwindet. Aber nein, Ihr tretet diesen Menschen lieber ins Gesicht und unterstellt ihnen das sie Autismus als Seuche sehen. Menschen die autistische Kinder haben. Geht’s noch?

Für so viel blinde Wut und falschen Aktionismus habe ich kein Verständnis. Und ich nehme mir das Recht heraus das auch offen zu sagen. Was passiert wenn man als Autist so etwas nicht gut heißt ist kurz beschrieben:

Man wird zum „Opfer“. Denn: Wer nicht dafür ist => ist automatisch dagegen. Das äußert sich dann schleichend aber stetig darin, dass mein Engagement hinten rum schlecht geredet wird. Das mir Profilierungssucht unterstellt wird, oder einfach nur das anderen abgeraten wird meinen Blog zu lesen. Mit letzterem kann ich leben, alles andere ist hinterhältig. Vor allem wenn es von Menschen kommt die nicht den Mut haben mit ihrem echten Namen zu dem zu stehen was sie schreiben und sagen.  Aber selbst im Schutze der Anonymität trauen sie es sich nicht das offen zu sagen, warum sonst läuft das alles schön im Verborgenen, auf privaten Kanälen, per DN und in nicht öffentlichen Kommunikationsplattformen? Aber damit muss ich wohl leben, wenn ich versuche etwas Positives zu bewegen und eben nicht in den Grundtenor des Hasses und der Wut einstimme. Ich setze auf einen offenen Dialog und nicht auf Angriff. Ich setze auch auf Information und Alternativen, darauf das man mit Aufklärung und Gesprächen etwas verändern kann. Wenn ich deshalb zum „Feind“ von autistischen Aktivisten werde muss ich wohl damit leben. Schade dass Ihr nicht merkt dass Ihr genau die Klischees und Bilder von Autisten bedient und verstärkt gegen die Ihr eigentlich kämpft.

Den Teilnehmern der Anti MMS Demo in Hannover wurden unter anderem unterstellt von der Pharmaindustrie oder Psiram bezahlt worden zu sein. In diesem Fall wurde das zu Recht noch unter „Das zeigt klar wie verblendet und fanatisch diese Menschen sind“ verbucht.

Auf meine Kritik dem Twitteraccount gegenüber kam folgende Reaktion einer Autistin:

„Hast du kürzlich einen zu tiefen Schluck aus dem Kessel mit dem Lobbytrank genommen?“

Merkt Ihr was?