Gestern war der internationale Tag der Menschen mit einer Behinderung. Wie alle anderen Tage die sich nicht mit Sonnenschein, Freude oder auch einfach nur Katzen befassen ging dieser erst einmal ziemlich unter. Solange bis ich einen Tweet von Raul Krauthausen in meiner Timeline vorfand der folgendes Bild zeigte:

Ich liebe meine Behinderung, wenn..... Eine Aktion von Leidmedien.de

Ich liebe meine Behinderung, wenn….. Eine Aktion von Leidmedien.de

Zeit für ein Bekenntnis. Und genau das brachte mich zum Nachdenken. Darf man seine Behinderung in bestimmten Situationen lieben? Warum eigentlich nicht? Ich musste auch nicht lange nachdenken um eine Situation zu finden für die ich meine Behinderung liebe:

Ich liebe meine Behinderung, wenn … ich schöne Dinge wahrnehme die andere nicht bemerken. #Autismus

Ich wollte damit ein kleines Zeichen setzen dass Behinderungen, in meinem Fall Autismus, eben nicht immer mit negativen Sichtweisen belegt sein müssen. In der Gesellschaft ist das „Leiden der Behinderten“ ja allgegenwärtig und Menschen mit einer Behinderung dürfen anscheinend keinen Spaß am Leben haben.

Die Reaktionen die ich auf meinen Tweet bekommen habe erschreckten mich und kamen von unerwarteter Seite: Von anderen Menschen mit einer Behinderung.

Hier einige der Reaktionen:

Aber ,Du kannst gern Deine Behinderung lieben .Es gibt sogar Wannebies.dh ,Behinderungsimmitatoren. für mich ein Graus!

Warum aber liebst Du Deine Behinderung?

Meine Antwort darauf:

weil #Autismus eben nicht nur Nachteile hat oder negativ ist!

Reaktion:

Es waren hier andere Behinderungen gemeint, Rollifahrer, Blinde usw

Eine weitere Reaktion:

Autismus .Es gibt sogar kontaktscheue Menschen, die suchen die Diagnose als Autist

Ich höre hier mal auf zu zitieren, ich denke an dem Punkt muss man sich wirklich fragen was hier schief läuft.

Fassen wir mal zusammen: Ich schreibe das es Situationen gibt in denen ich meine Behinderung mag. Das scheint in einigen Augen –trauriger weise Menschen mit einer Behinderung – schon ein Affront zu sein. Wenn man Behindert ist darf es keine Situationen im Leben geben in der man seine Behinderung auch mal mag. Oder anders gesagt: Wer etwas positives in seiner Behinderung sieht und nicht zu 100% leidet der ist entweder nicht behindert und imitiert das Ganze nur… Behinderter zweiter Klasse also.

Wenn es nur das wäre. Ich sprach ja bewusst meinen Autismus an. Und damit eine seelische Behinderung. Anscheinend sind wir dann innerhalb der Gruppe der Menschen mit einer Behinderung noch ein Sonderfall. Wir dürfen „glücklich“ sein, denn im Kern ging es ja wohl um Rollifahrer und Blinde. Provokant gefragt: Sind wir, weil nicht körperlich behindert, nun Menschen dritter Klasse? Seelisch Behinderte sind wohl die „Spinner“ die sich ihre Behinderung nur einbilden? Schließlich reicht es ja kontaktscheu zu sein um gerne eine Autismusdiagnose zu haben. Oder dürfen wir sogar  glücklich sein weil wir sowieso nicht mit unserem „Intellekt“ mit der „normalen“ Menschheit mitkommen?

Oder anders gefragt: Wenn es um „andere“ Behinderte geht: Dürfen diese Menschen sich nicht auch am Leben freuen?

Ich weiß dass diese Aussagen sehr provokant sind. Aber ich denke eben auch dass man manchmal provokant hinterfragen muss was einem so entgegenschlägt. Alleine schon um zu zeigen wie absurd so manche Argumentation ist.

Um meine Intention deutlich zu machen:

Ich habe eine anerkannte seelische Behinderung. Und eine körperliche dazu. Und trotzdem gibt es in meinem Leben Situationen in denen ich die Auswirkungen meiner Behinderung auch positiv sehe und eben nicht leide. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass mein Leben immer „Sonnenschein“ ist. Ich sehe mein Leben eben realistisch: Es gibt Scheißtage, ohne Frage. Aber muss ich deswegen immer gleich öffentlich leiden? Nein! Ich trage lieber meine positiven Erlebnisse nach außen!

Was habe ich nun aus dem gestrigen Tag gelernt? Wie soll man Menschen mit einer Behinderung inkludieren, wenn sie untereinander schon in verschiedenen Gedanken“klassen“ leben und sich teilweise selbst gegeneinander exkludieren? Und warum darf man nicht auch Spaß am Leben haben als Mensch mit einer Behinderung?

Wie seht ihr das? Ich freue mich auf eure Kommentare und Sichtweisen!