Nachdem der von Auticon und seinen Mitarbeitern geprägt Teil der Veranstaltung wirklich gut war muss ich in diesem Blogpost noch auf das eingehen was dem Vortrag vorweg ging. Ich habe das bewusst von Auticon getrennt, denn das was hier schief ging lag in meinen Augen nicht an Auticon selbst.
Der Volksmund sagt: Wo Licht ist da ist auch Schatten. Ich sage: Wo Autismus ist da ist auch Leiden.
Das die eingeladene Dezernentin für Soziales, Jugend und Recht der Stadt Frankfurt sich nicht gut mit Autismus auskennt war leider zu merken. Ich muss ihr aber hoch anrechnen, dass sie im Tenor ihrer Rede auf die Stärken von Autisten eingegangen ist und klar dafür plädiert hat Stärken zu sehen und weg vom defizitären Denken zu gehen. Insoweit: Was Autismus betrifft fachlich nicht so toll, aber der Gedanke dahinter war gut. Und weil Autisten direkt sind schreibe ich hier: Ich konnte zu diesem Zeitpunkt des Nachmittags noch schmunzeln 🙂
Das hörte leider schlagartig mit der Rede der stellvertretenden Vorsitzenden von autismus Rhein-Main e.V. auf. Laut Programm sollte es eine „Vorstellung autismus Rhein-Main e.V.“ werden. Was jedoch dabei rauskam trieb meinen Blutdruck hoch und brachte mich an den Rand der Verzweiflung.
Anbei einige „Highlights“ dieser Vorstellung. Gleich zu Anfang machte die Vortragende die positive Stimmung zu Nichte. Sie fing ihren Vortrag sinngemäß mit den Worten an: Also über Stärken von Autisten werde ich nun leider nichts sagen.
Da war es wieder: Das defizitäre Denken. Xerfix, muss das sein? Mir stellten sich die Nackenhaare hoch. Sollten sich wirklich meine schlimmsten Erwartungen an einen Vortrag eines Angehörigenverbandes bewahrheiten? Sie tat es.
Der Vortrag war geprägt von zwei wesentlichen Punkten:
Zum einen ging es ständig um die Abgrenzung von Aspergerautisten zu Kannerautisten. Es wurde so oft betont dass es den Kannern so schlecht geht und die Asperger eigentlich eine Erscheinung der „Neuzeit“ seien. Ich frage mich wirklich: Warum in aller Welt wurde hier ständig unterschieden? Gibt es Autisten erster und zweiter Klasse? Sollte ein Angehörigenverband der, so die Aussage der stellvertretenden Vorsitzenden, für die Belange von Autisten eintritt hier eben nicht differenzieren und für alle da sein?
Fachlich wurde es nicht besser als zwischen folgenden Typen von Autisten unterschieden wurde: Asperger, Kanner, atypisch und Hochfunktional.
Ein Verband der sich schon viele Jahrzehnte mit dem Thema Autismus beschäftigt sollte eigentlich wissen, dass Hochfunktional eine funktionale Einstufung von Kannerautisten und keine Diagnose ist. Aber naja, ich bin mal nicht zu streng….
Zum anderen, und das baut auf obigem Punkt auf, wurde wahnsinnig viel gelitten. Autismus ist, so könnten Menschen ohne Vorkenntnisse das verstehen, wirklich eine sehr leidvolle Angelegenheit.
Diese Ausführungen gingen so weit, dass ein in meinen Augen unsäglicher Leidvergleich getroffen wurde (kein wörtliches Zitat!):
Trotz allem würde sie ihren autistischen Sohn nicht gegen einen „Down Syndrom Menschen“ eintauschen, auch wenn dessen Behinderung sicher angenehmer sei.
Hallo? Geht es noch? Zum Glück für die Veranstaltung waren Kommentare wohl noch nicht vorgesehen. Reinrufen wollte ich nicht (bin ja ein braver Autist), aber wenn ich ein Mikro und eine Redezeit gehabt hätte….wären wohl ziemlich bissige Worte gefallen.
Das geht ja nun mal gar nicht. Erst den „virtuellen Leid Vergleich“ und die Abgrenzung von Autisten untereinander, und dann wird Autismus auch noch mit anderen Behinderungen verglichen und als besonders schlimm dargestellt? Freundlich ausgedrückt: Was maßt sich die Frau da an? Unfreundlich ausgedrückt: Wenn Menschen mit solchen Ansichten die Interessen von Autisten vertreten ist es kein Wunder wenn man seine Diagnose lieber verheimlicht. Inklusion geht definitiv anders!
Es wurde auch einige Male betont wie viele Menschen sich an den Verein wenden und Hilfe suchen. Oder Informationen möchten.
Es ist, direkt ausgedrückt, ein Trauerspiel, dass solche Vereine als Fachstellen und Anlaufstellen gelten. Schaut man auf die Seiten des Vereines ist unter „Was ist Autismus?“ folgendes gleich als erster Satz zu lesen:
„Autismus ist eine Mehrfachbehinderung, die in der Kindheit einsetzt und meist lebenslang besteht.“
Autismus ist keine Mehrfachbehinderung. Aber wie bei jeder Behinderung können andere Behinderungen , unabhängig vom Autismus, zeitgleich vorliegen. Und das Autismus immer lebenslang besteht ist sicher auch kein Wunder. Autismus ist keine erworbene Behinderung sondern angeboren.
Liest man weiter findet man unter Merkmalen und begleitenden Symptomen folgendes:
„Bizarre Reaktionen auf die Umwelt“
„Plötzliche Stimmungsschwankungen ohne erkennbaren Anlass“
„Emotionale Labilität, erhöhtes Erregungsniveau“
Mir stellen sich da folgende Fragen: Was ist bizarr? Wieso kommen Stimmungsschwankungen plötzlich und ohne erkennbaren Anlass? Und wieso sind wir emotional labil?
Meine Antwort: Weil hier nur die Außensicht gesehen und als Tatsache dargestellt wird. Mit etwas Empathie und Achtsamkeit merkt man sehr wohl in vielen Fällen warum die Stimmung bei Autisten schwankt oder kippt, die Reaktionen sind dann auch ganz und gar nicht mehr bizarr, und letztendlich könnte man dann auch verstehen warum es vielen Autisten emotional nicht so gut geht. Weil sie nicht verstanden werden!
Das Leben könnte so einfach sein, wenn die Stellen die für Autisten sprechen oder sich als Fachleute bezeichnen mal über den Tellerrand schauen würden. Aber dann könnte man wohl nicht mehr so gut in der Öffentlichkeit leiden und der „Schwanzvergleich“ mit anderen Behinderungen wäre dann wohl ganz offensichtlich auch das was er jetzt schon ist: Unnötig und Unmöglich!
Meine Bitte an Auticon: Bitte ladet solche undifferenzierten und exkludierenden Vorträge nicht mehr zu Euren Veranstaltungen ein. Sie werfen einen gehörigen Schatten auf Euer Anliegen. Und das ist schade.
[…] ← Das heiße Eisen “Leiden” Emotionale Achterbahnfahrt Teil 2 → […]
Danke für deine Berichte.
Ich kenne das Drama mit reinen Angehörigengruppen und habe auch den Vergleich zu Gruppen, in denen auch Eltern betroffen sind.
Der Unterschied ist der ausschließliche Außenblick.
Nicht selten erreichen Angehörigengruppen viel im politischen Bereich , z.b. Die Einrichtung einer Schulberatungsstelle für Autismus in der Schulebehörde.
Das ist aber gleichzeitig auch das Problem: das schafft man nur, wenn man die Schwächen hervorhebt, immer und ständig den Vergleich mit NTs parat hat. Sonst gibts es keine Mittel für Extra-Unterstützung.
Außerdem liegt der Focus viel zu sehr auf bürokratischer Unterstützung: SBH, Schulbegleiter etc, damit sind die Kräfte gebunden.
Letztlich sind in diesen Gruppen häufig Eltern anzutreffen, die sich schwer damit abfinden können, ein autistisches Kind zu haben.
Welche Therapie macht mein Kind am normalsten? Das ist oft die ( verdeckt) aufgeworfene Frage. Dafür tun manche Eltern ALLES.
Zu kurz bleibt das Thema: miteinander leben. Leben und leben lassen.
Meine schrecklichste Erfahrung war ein Vortrag über das ‚ Behindertentestament‘.
Sprich: praktische Enterbung des Autisten( alles was über den Pfluchtteil hinausgeht, Verwaltung durch Geschwister etc.)
Schon, dass es Konsens war, das schöne Geld könnte vom Autisten = Kranken nicht sinnvoll genutzt werden……
Klar, die Sache, dass dass das Amt zugreift ist auch ein Grund, aber die Ängste gingen in eine andere Richtug.
( Da hab ich nur gedacht: hoffentlich verspielt der gesunde Sohn/Tochter das geerbte – und dem Autisten ‚ geklauten ‚ – Geld , soll ja vorkommen bei NT’s😈)
Selbstredend gibt es dort aber gute Tips und Unterstützung im Behördendschungel.
Und viele nette Menschen.
Sind auch Eltern betroffen ( so erlebe ich es in einem Verein zu ADHS, ASS und Hochbegabung) ist der ganze Blickwinkel anders.
Dort bleibt der Austausch nicht nur auf Bürokratie/ Krankheit (!) begrenzt, weil ein Großteil der Eltern auch nicht Stino/ NT ist.
In der Taubblindenarbeit ist es genau dasselbe Spiel.
Ekelhaft.
Ich habe das irgendwann nicht mehr ausgehalten.
Gut, dass Du es niederschreibst.
Oh, da fällt mir grad was ein. Ich bin ja gerade krank daheim und habe Sendungen wie „7 Tage“, „Tag 7“ und „Selbtbestimmt“ aus dem Archiv geschaut. Da ging es in einer Sendung auch um einen ertaubten und erblindeten jungen Mann von 15 Jahren und eine seiner Lehrerinnen sagte doch tatsächlich, er könnte später kleine Sortierarbeiten machen. Ich habe mich instantan gefragt, warum er nicht am Computer arbeiten können soll. Sein Berufswunsch scheint übrigens Ergotherapeut zu sein. 🙂
Wenn ich das lese, muss ich gerade wieder an Corinna denken. Eine junge Frau mit ohne klare Diagnose, aber vielen Problemen im Alltag. Und überbehütenden Eltern.
Vielleicht braucht es Wohnhäuser für Aspies über 18, wo sie mit Ansprechpartnern, aber ohne sozialen Druck leben können. Wo sie außerhalb des Elternhauses ihre Stärken entdecken können und ihre berufliche Laufbahn starten können, bis sie auf eigenen Beinen stehen.
Ja das ist sicher ein Modell das für Autisten klappt/klappen könnte. Ich habe kürzlich von so einem Projekt erfahren und bin sehr gespannt wie es sich entwickelt. Wenn so etwas Schule machen könnte wäre es sicher eine enorme Hilfe 🙂
Lieber Querdenker
Ich interessier mich sehr fuer solche neuen Modelle. Hast Du mir einen Kontaktadresse von dem Projekt?
Hallo,
nein leider noch nicht. Aber sobald es Informationsmaterial gibt werde ich auch sicher hier darüber berichten.
Grüße
Aleksander
@ Hesting,
darf ich mal nachfragen, wie diese Wohnhäuser aufgestellt sind und wie die Entwicklung fortgeschritten ist?
Denn das, was in NRW angeboten wird, hat alles andere als
Zitat: „Vielleicht braucht es Wohnhäuser für Aspies über 18, wo sie mit Ansprechpartnern, aber ohne sozialen Druck leben können.“
zu tun.
Und in NRW ist es zu dem so, dass viele Autisten, die in der Schule (aufgrund des hohen Sozialstresses und des fehlen von Nachteilsausgleichen) nicht „rund laufen“, aus dem System Schule aussortiert werden und in Einrichtungen landen.
Verselbstständigung hängt zwar als Aushängeschild ganz vorne, aber es geht in erster Linie um die Vermittlung von lebenspraktischen Dingen. Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass es bei einigen vielleicht notwendig ist. Aber es wird als Grundsatz angesehen, dass Autisten in lebenspraktischen Dingen weit hinten sind. Und solch grundsätzliche Aussagen finde ich sehr „schwierig“. Denn, es wird nicht auf den Einzelfall geschaut. Und außerdem wird sehr vielen Autisten die Grundlage eines Schulabschlusses gemäß den vorliegenden Fähigkeiten nicht ermöglicht.
VG Anita
deine Reaktion zum Vortrag von Autismus Rhein-Main kann ich nur teilen. Im Deutschunterricht würde ich mit so einem Beitrag mit einer glatten 5 als „Thema verfehlt“ bewertet. Wir sollten das jedoch nicht zu kritisch sehen, weil die Sprecherin als ältere Mutter eines Kanner-Kindes sicherlich durch viel Stress geprägt wurde. (ein Frankfurter Bewerber)
Ich kann Deinen Einwand verstehen. Was mich einfach so stört ist die Tatsache das diese Sicht auf ein Leben mit einem Autisten sich über die Vereinsarbeit immer weiter trägt. Ein Umdenken wäre doch viel besser. Für alle Beteiligten, oder?
P.S.: Viel Erfolg bei der Bewerbung!
Ach, schön das zu lesen. Ich glaube, du hast auf der Veranstaltung in der letzen Reihe quasi neben mir gesessen (zwischen uns deine Begleitung).
Ich könnte das nicht so gut in Worte fassen, aber es ging mir absolut genauso. Der Vortrag von dem Auticon-Chef war wirklich gut, man hat gemerkt, dass er sich mit dem Thema nicht nur fachlich auskennt, sondern dass es ihm auch am Herzen liegt. Mir hat sehr auch gut gefallen, dass er betont hat, dass er ein Unternehmer ist, und seine Firma kein ‚Streichelzoo‘, sondern eine Organisation ist die Profite erzielen will. Das kann sie offensichtlich am besten, indem auf Stärken von Asperger-Autisten gesetzt wird. Das ist ein sehr postives Zeichen und gibt mir und vermutlich vielen anderen Mut für den Lebensweg. Der Mitarbeiter, den er in seinem Vortrag vorstellte, war mit Sicherheit ein sehr positives Beispiel, zeigt jedoch sehr deutlich, dass sich mit einem Umfeld, dass auf einen eingeht sehr viel kompensieren lässt. Von Erwerbslosenrente und betreutem Wohnen bis zum eigenstädigen Leben in einer festen Partnerschaft und einem erfüllenden Job mit viel Verantwortung. Großartig.
Ich habe im Vorfeld auch überlegt, mir den Verein Autismus Rhein-Main genauer anzuschauen, da z.B. Aspies e.V., wo ich auch Mitglied bin leider relativ wenig bis gar nichts hier in der Region tut, ich jedoch schon Interesse an Kontakten in dem Umfeld habe.
Nach dem Vortrag von der stellvertredenden Vorsitzenden des Vereins war mir klar, dass ich wohl eher nie etwas mit dem Verein zu tun haben werde. Tenor: ‚Mein Sohn ist ein Kanner-Autist, ja, Apserger habe ich schon gehört, kenne mich da aber nicht aus‘. Meine Vermutung ist, dass sie eine Person ist, die Asperger als eine Art ‚Luxus-Autismus‘ betrachtet, der ja so viel einfacher wäre zu leben als der Kanner-Autismus. Und bei dem von dir zitierten Vergleich mit dem Down-Syndrom habe ich in meiner Naivität gedacht, ich hätte es nicht richtig verstanden. Einfach entsetzlich.
Mir wurde aber einiges klar, als ich sie sagte, dass sie mit dem Autismus-Zentrum Langen zusammen arbeiten, dieses auch ursprünglich gegründet hätten. Da habe ich persönliche haarsträubende Erfahrungen. Als ich eine Diagnosestelle suchte habe ich mich auch an Langen gewandt. Nach Monaten Stille kam ein Anruf von einer Sachbearbeiterin, die mich (ich war gerade in einer Straßenbahn) fragte, warum ich denn eine Diagnose anstrebe und was den meine Symptome wären. So wie bei einer Erkältung oder Rückenschmerzen. Jeder Autist wird wissen, wie grotesk es ist jemanden auf dem Mobiltelefon anzurufen, um solche Fragen zu stellen. Ich habe eigentlich nichts weiter gesagt, sondern irgendetwas ins Telefon gestottert und aufgelegt. Meine Diagnose habe ich dann woanders (höchst professionell) bekommen. Wenn der Vereinsvorstand ähnlich ignorant agiert, und dieser Eindruck ist bei mir während des Vortrags entstanden, dann ist es leider keine große Hilfe oder Repräsentanz.
„Ich glaube, du hast auf der Veranstaltung in der letzen Reihe quasi neben mir gesessen (zwischen uns deine Begleitung).“
Ja das war ich.
Letztendlich hat sich der Verein selbst damit geschadet die stellvertretende Vorsitzende zu dieser Veranstaltung zu schicken. Schade nur das genau solche Regionalverbände sich eben als politische Lobby für Autisten sehen 🙁
Ich fürchte, dass die Vortragende das Mindset und Ausrichtung des Vereins authentisch wiedergegeben hat. Natürlich wäre es ’schlauer‘ gewesen eine(n) der 30 Asperger-Autist(inn)en sprechen zu lassen, die angeblich im Verein sind. Aber so wie das klang, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie besonders aktiv sind.
Und, ja das ist in der Tat traurig, die Blüten dieser ‚Vertretung‘ zeigen sich in der Ahnungslosigkeit der Frau Dezernentin (die mit Sicherheit gute Absichten hat und ich ihr auch abnehme, dass das Thema für sie relevant ist).
Das ist seltsam, eine Bekannte von mir war zur Diagnose in Langen (als Erwachsene, auf eigene Kosten) und hat, soweit ich mich erinnere, nichts beanstandet.
Schön für sie. Und was genau ist seltsam? Das sie ’soweit du dich erinerst nichts zu beanstanden hatte‘ oder dass ich dies habe? Meine Erfahrung war eben nicht so toll, was bei mir zu einem gewissen Eindruck von der Einrichtung geführt hat. Erst gar keine Reaktion, nachdem ich das Formular zur privaten Kostenübernahme und eine Anfrage nach einem Termin mit einem Überweisungsschein vom Arzt eingeschickt habe, dann der unangekündigte Versuch einer Anamnese am Telefon. Schon aus Datenschutzgründen ist das haarsträubend. Ich erzähle doch niemandem am Telefon meine Lebensgeschichte, bevor ich die Person getroffen habe, oder überhaupt weiß welche Funktion sie hat usw. Bei einem Fach- oder Hausarzt befragt mich doch auch nicht die Sprechstundehilfe, sondern doch hoffentlich diie Ärztin. Die Ärzte der Uniklinik, bei der ich später war, haben gezeigt, wie man es anders machen kann, eben professionell. Das hat zwar auch lange gedauert aber es wurden E-Mails beantwortet, niemand hat meine Anamnese am Telefon machen wollen etc. Und da du es ansprichst, das sogar von der Krankenkasse bezahlt.
Und nach der hier diskutierten Rede schien mir das ins Bild zu passen… Mag ja sein, dass es da keinen Zusammenhang gibt, ich habe mich aber über die Rede sehr geärgert, vor allem weil sie von einer Organisation kam, die Autisten vertritt.
Leider scheint diese Denkart in Angehörigenverbänden ziemlich verbreitet zu sein. Auch ich durfte schon diese Erfahrung machen, als ich bei einem Treffen des hiesigen Regionalverbandes von Autismus Deutschland war. Auch im Internet fällt mir immer wieder auf, wie sehr sich Mütter autistischer Kinder gegen die Meinung erwachsener Autisten wehren, weil diese ja „nur Asperger“ seien. Ich rege mich regelmäßig darüber auf.
Das traurige dabei ist: diese künstliche Trennung ist nicht nötig. Mich wundert immer das die Eltern nicht froh sind das es Autisten gibt die darüber reden können….auch um zu lernen.
Aber als „politisch einflussreiche Lobby“ kann man sich eben viel leisten 🙁
Ich war und bin sehr froh über jeden Beitrag aus Sicht eines Autisten! Erst durch diese „Innensicht“ konnte ich verstehen, was in meinem Sohn wohl vorgeht und warum er so reagiert wie er reagiert. Dieses Wissen hat unser Familienleben völlig umgekrempelt und uns neue Perspektiven eröffnet, die ohne diesen Austausch wohl verschlossen geblieben wären. An dieser Stelle einfach „Danke dafür“!
Und genau solche Reaktionen bestärken mich darin mit meiner Arbeit nicht aufzuhören 🙂 Danke 🙂
Damit ich nicht missverstanden werde: Ich meinte nicht pauschal alle Eltern von autistischen Kindern. Sondern nur die im Beitrag angesprochenen.
Ich denke, dass der Vortrag vor allem zeigt, dass Autismus Rhein-Main e.V. als Vertretung für und zur Information von und über erwachsene, hochfunktionale Autisten nicht geeignet ist. Eine defizitäre Perspektive kann in bestimmten Kontexten notwendig und hilfreich sein, ist im Zusammenhang mit einem Unternehmen, das sich ja danach dezidiert nicht als beschützte Arbeitsstätte für Behinderte positioniert hat, deplaziert. Hier fehlte einfach das Wissen um die von lowfunctioning Kanner-Autisten noch mal sehr unterschiedliche Lebensrealität der hochfunktionalen Autisten. Dass aber eine solche Rednerin vom Verein ausgewählt wurde, zeigt für mich ganz klar, dass ich nur zustimmen kann: Nicht mein Verein. Wenn es doch über 30 erwachsene hochfunktionale Autisten im Verein geben soll, wie ich mich an den Vortrag zu erinnern meine, hätte sich mit genug Interesse an der spezifischen Fragestellung sicherlich eine andere Lösung finden lassen.
Das Problem dabei ist für mich lediglich die Frage, wo es denn dann Ansprechpartner gerade für Erwachsene, spät diagnostizierte Autisten oder auch Eltern hochfunktional-autistischer Kinder gibt. Denn wie sollen Eltern zu einem wertschätzenden Umgang mit der Andersartigkeit ihrer Kinder finden, wenn ihnen aus Vereinsrichtung nur das Leiden vorgetragen wird? Dass darüber hinaus die Situation für Erwachsene, die sich plötzlich mit diesem Thema in Bezug auf die eigene Person konfrontiert sehen, schwierig ist, ist wohl keine Frage. Es gibt zwar schon Ansätze in diese Richtung; als gut, hilfreich oder auch nur perspektivisch interessant kann ich allerdings keinen davon sehen. Ich kann mich aber nur anschließen: Ich werde nach diesem Vortrag definitiv nicht Mitglied bei unserem Regionalverband werden, dort sehe ich mich nicht vertreten.
Es gibt in Darmstadt n netten Stammtisch 😉 – offen für Erwachsene und Eltern, aber letztere meiden uns irgendwie … 😉
Dein Bericht bringt auch meine Erfahrungen mit diversen elternbasierten Vereinigungen zum Ausdruck. Was während solcher Vorträge wirksam ist: demonstrative Ablehnung.
Hatte schon einiges versucht. Auch Zusammenarbeit, doch das habe ich aufgegeben, da das nicht wirklich erwünscht zu sein scheint. Lediglich so eine Art Maskottchenfunktion, wegen der sie woanders angeben können, dass sie doch auch Autisten „beteiligen“ würden.