Ende November war es soweit: Quergedachtes Live feierte seine Premiere. Und wie es sich so gehört: Ich hatte ein enormes Lampenfieber.
Ich fange aber am besten am Anfang an. Die Stiftung Friedheim in Weinfelden veranstaltet jährlich eine interne Lernbörse. Mitarbeiter halten für ihre Kollegen der Stiftung an einem Tag Vorträge und Workshops zu Themen die ihnen im Berufsleben und der Praxis wichtig sind. Dieses Jahr hatte Anita Debrunner das Thema Autismus mit in die Lernbörse eingeplant. Durch den intensiven Austausch den wir schon länger haben war die Idee schnell geboren, dass ich in die Schweiz kommen sollte um im Rahmen der Lernbörse als Autist etwas über Autismus zu erzählen. Eine Gelegenheit die mich sehr freute, sollte es doch das erste Mal sein, dass ich vor Menschen die mit Autisten arbeiten so offen über Autismus reden durfte. Für mich ist es etwas Besonderes, denn bisher bin ich gerade in diesem Bereich eher auf Nichtbeachtung gestoßen.
Mir gingen nach der Zusage viele Dinge durch den Kopf. Was wurde von mir erwartet? Über was genau sollte ich sprechen? Was interessierte die Mitarbeiter der Stiftung? Zora und ich haben dann schnell eine passende Lösung gefunden: Wir fangen jede Session mit einem Interview an. Über mich, die Diagnose, Schwierigkeiten im Alltag. Mit dem festen Plan das dieses Interview dann eine Fragerunde übergeht bei der die Mitarbeiter all die Fragen stellen konnten die sie bewegten.
Anreise war dann am 27. November. Ich bin hier in Wiesbaden extra früh in den Zug gestiegen um am frühen Nachmittag schon in Weinfelden zu sein. Denn zur Lernbörse gehört auch ein Coaching der Referenten, und das wollte ich auf keinen Fall verpassen. Mir war etwas mulmig, schließlich wurde ich nach der langen Zugfahrt quasi ins kalte Wasser geworfen. Die Referenten kannten sich ja alle und dann sitzt da ein Autist und Blogger aus Deutschland und harrt der Dinge die ihn da erwarten würden. Die Stimmung an diesem Nachmittag war aber sehr angenehm und so verging nicht viel Zeit bis ich mich im Kreise der Referenten auch wohl fühlen konnte. Ist die Lernbörse an sich schon eine sehr tolle und wahrscheinlich in vergleichbaren Einrichtungen auch seltene Veranstaltung, macht das vortägliche Coaching noch etwas Wertvolleres daraus. Jeder Referent sollte in Kurzform seinen Vortrag halten und vorab den anderen Anwesenden sagen auf was sie achten sollen. Nach dem Vortrag gab es ein konstruktives Feedback mit den Eindrücken die die anderen Referenten vom Vortrag hatten. Irgendwann waren auch Zora und ich an der Reihe. Uns war es wichtig zu erfahren ob die Fragen des Interviews passend und interessant waren und vor allem: Hatten wir das Potential die Zuhörer dazu zu bewegen Fragen zu stellen? Die Antwort kam schneller als gedacht. Wir hatten drei bis vier Fragen durchgespielt und schon kamen die Zwischenfragen aus den Reihen der Referenten. Ich freute mich in diesem Moment sehr, zeigte es doch dass es richtig war was wir uns überlegt hatten. Ich war mir sicher: Wir konnten ganz unbesorgt in den kommenden Tag gehen.
Der Tag der Premiere
Geschlafen habe ich nicht viel, ich war viel zu aufgeregt. Das Lampenfieber kam so langsam aber sicher in mir hoch. Wie würde es laufen? Wie würden die Mitarbeiter auf mich reagieren? Welche Fragen könnten auf mich zu kommen? Zum Glück war ich nicht gleich am Anfang der Lernbörse eingeplant, ich konnte mich akklimatisieren und so langsam auf meine Session vorbereiten. Und irgendwann war sie gekommen: Die Zeit an der ich nun vorne im Raum saß und gleich etwas über Autismus erzählen würde. Der Raum war mit Menschen gefüllt, teilweise wurde auf den Tischen gesessen. Interesse war also da. Und dann kam die erste Frage von Zora und die Nervosität war schlagartig wie verflogen. Je länger ich über Autismus redete und je mehr Fragen aus dem Publikum kamen, umso ruhiger wurde ich und die Zeit verflog förmlich und im nu war die Session auch schon wieder vorüber. Die zweite Session verlief dann ähnlich, das Interesse war wiederum überwältigend groß und es kamen in beiden Sessions sehr interessante Fragen die sich auch über die ganze Bandbreite aller möglichen Fragen zum Thema Autismus erstreckten. Und wieder war die Zeit viel zu kurz, ich hätte wohl noch den ganzen Tag erzählen und erklären können. Zum Abschluss der Lernbörse gab es noch eine kleine Podiumsdiskussion an der ich auch teilnehmen durfte. Ausgeklungen ist die Lernbörse dann mit einer Abschlussrunde unter den Referenten, die übrigens nach jedem Vortrag in einem gesonderten Raum die Chancen hatten zum gehaltenen Vortrag ein Feedback zu bekommen. Das Coaching vom Vortrag ging also am Tag der Lernbörse weiter.
Ich habe von der Lernbörse sehr viel mitgenommen. Zum einen aus den Vorträgen die ich selbst besucht habe, zum anderen ein bisschen mehr Wissen um die Arbeit von Betreuern und Pflegern. Was sie im Umgang mit Autisten beschäftigt, welche Themenbereiche besonders interessant für sie sind und vor allem wie wertvoll ihre Arbeit ist. Das größte Geschenk jedoch ist mir erst am nächsten Tag so richtig bewusst geworden: Ich war glücklich und motiviert. Und ich wusste nun genau: Ja das ist es was ich beruflich machen möchte!
Ich möchte mich ganz herzlich bei Herrn Siddiqui für die Einladung zur Lernbörse bedanken. Das Coaching von Herrn Prof. Dr. Ulrich Elbing war eine Bereicherung und tolle Unterstützung. Last but not least möchte ich mich ganz herzlich bei Anita und Sascha bedanken. Es waren drei sehr schöne Tage und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Es hat mir wirklich an absolut nichts gefehlt.
Und bevor ich es vergesse: Es war das erste Mal das ich in die Schweiz gefahren bin. Und was soll ich sagen? Es war eine wundervolle Premiere.
Was soll ich sagen – „gefällt mir“ 🙂
Ich freue mich sehr und wünsche Ihnen eine wundervolles und ruhiges Weihnachtsfest und ein Jahr 2014 mit ganz vielen „schweizer Momenten und Erlebnissen“
Vielen Dank. Das wünsche ich ihnen auch 🙂 Vielleicht treffen wir uns im Jahr 2014 auch wieder oder können auf die eine oder andere Art und Weise zusammenarbeiten.