#EinfachSein ist gerade einmal eine Woche her und schon bekommt man wiederum die Bestätigung dafür warum solche Aktionen nötiger denn je sind.

Für alle die sich „Gehör“ verschaffen oder sich einfach nur einmal als Journalist fühlen möchten gibt es schon länger das Modell des Bürgerjournalisten.

Du hast etwas zu sagen? Dann tu dies! Wir geben Dir die Plattform dafür. So, bzw. so ähnlich kann man es auf den Seiten von „Readers Edition“ nachlesen. Der, nach eigenen Aussagen, führenden Plattform für engagierten Bürgerjournalismus in Deutschland.

Und wer nun vermutet das Jeder alles online stellen kann: Nicht doch! Eine Gruppe von Moderatoren lesen die eingesandten Artikel, redigieren diese und prüfen die Fakten.

Schaut man auf die Webseite der BF Blogform Social Media GmbH  findet man folgende Aussage:

Unsere journalistischen Produkte: Es geht es um einen hohen Qualitätsanspruch, gepaart mit der Idee, dass Lesen im Internet auch Spaß machen sollte.

Klingt gut? Vielleicht. Bei dem ersten, und auch letzten, Artikel den ich auf dieser Plattform gelesen habe stellt sich mir allerdings schon die Frage: Nach welchen Kriterien arbeitet die Moderation?

Kommen wir aber nun zu dem Artikel denn ich dort wahrnehmen musste.

Titel: Was bedeutet Religion? Teil 4 – Autismus und das Gesetz Gottes

Es folgt ein mehr oder weniger langer Artikel des „Bürgerjournalisten“ Albert Albern. So mancher Nick oder Alias im Internet sagt ja schon einiges über den Schreiber dahinter aus, oder?

Albern ist das was folgt allerdings ganz und gar nicht. Eher angreifend, unreflektiert und vor allem diskriminierend.

Der Autor fragt sich:

Ist das Gesetz wirklich für alle Menschen gleich?

Und hinterfragt umgehend seine eigene Frage, oder sollte das eine Feststellung sein, mit folgenden Aussagen:

Oder gibt es doch irgendwelche gesetzliche Ausnahmen? Zum Beispiel für die Homosexuellen und die Autisten? Für die Frauen und die Kinder? Für die Behinderten, die Reichen und die Kardinäle?

Die Frauen der Welt und auch die Kardinäle fallen dann auch schon in den ersten beiden Absätzen wieder raus. Glück gehabt!

Was folgt ist eine, unter gar merkwürdigen Fragestellungen und „Thesen“ aufgemachte, Abhandlung über Autismus und das Gesetz Gottes. Hier wird allerdings nicht sachlich argumentiert und dokumentiert. Hier wird wahllos behauptet.

Beispiele Gefällig?

Den größten Schutz vor dem Gesetz genießt der Autist dank seiner Ahnungslosigkeit.

Die zweite Hürde für den Autisten ist die Tatsache, dass er das Gesetz nicht versteht.

Er (der Autist, Anmerk. des Autors) sitzt einsam vor einem Text und wird daher nicht von den Launen der anderen Menschen gestört

Fassen wir das bisherige mal zusammen:

Autisten sind Ahnungslos. Wenn es um „Die geothermische Berechnung der Kontinentalplattenverschiebung in den kommenden Jahrtausenden auf Grundlage der individuellen thermisch bedingten Aktivitäten der Erdkruste“ geht: Ja da bin ich Ahnungslos.

Autisten verstehen Gesetze nicht. Gegenfrage: Wie kommt es dann, dass gerade Autisten sehr auf regeln, Gesetze und Routinen bedacht sind?

Autisten sitzen anscheinend gerne einsam vor Texten und fühlen sich von Launen anderer Menschen gestört. Hm. Wer liest nicht gerne mal in aller Ruhe ein Buch? Und man zeige mir den Menschen der bedingungslos alle Launen anderer Menschen immer und stetig aushalten kann. Leichen zählen nicht als Beispiel!

Aber weiter im Text des Albert Albern. Es folgen die 10 Gebote. Und damit diese auch wissenschaftlich untermauert werden folgt eine Quellenangabe. Zu einer Seite die ausschließlich aus den 10 Geboten besteht. Bravo!

Auf die ersten Belanglosigkeiten gehe ich nicht weiter ein. Sie sind meine Zeit und Aufmerksamkeit nicht wert!

Der Autist hat die Kinder schon in dem ersten Gebot entdeckt und jetzt treibt er halt nur seine Spielchen mit der Aufmerksamkeit der anderen, normalen Menschen „Ich bin der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der über die, so mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht an den KINDERN bis ins dritte und vierte Glied.“

Autisten treiben also Spielchen mit den anderen, normalen Menschen. Das impliziert zwangsläufig das Autisten keine normalen Menschen sind. Dies ist eine zutiefst diskriminierende Aussage! Muss ich mehr dazu schreiben? Ich hoffe nicht!

Es geht weiter:

Damit überfordert Gott die Logik eines Autisten ganz gewaltig. Und so entsteht auch bei dem Autisten ein sehr gewaltiges bis gewalttätiges Bild von Gott.

Soso. Wurden Autisten dazu befragt? Wo ist hier der Beleg den man im Qualitäts-Bürgerjournalismus erwarten darf?

Es folgt wiederum die Formulierung der „anderen, normalen Menschen“.

Den Rest möchte ich meinen Lesern nun ersparen.

Bleibt der mehr als fade Beigeschmack, dass Moderatoren diese Buchstabensuppe gelesen, redigiert und sogar auf Fakten geprüft haben. Der Beigeschmack wird dann ziemlich schnell bitter, wenn man bedenkt, dass sie die Verantwortlichen hinter dieser Plattform einen hohen Qualitätsanspruch auf ihre Fahnen geschrieben haben. Unerträglich wird es dann, wenn man liest, dass Lesen im Internet auch Spaß machen sollte.

Da mir das Bildnis der Buchstabensuppe gerade so gut gefällt:

Dieser Artikel steht zum Qualitätsjournalismus wie eine Buchstabensuppe aus Glutamat und Wasser zu einer handgemachten Consommé double! Das eine spuckt man recht angeekelt wieder aus oder würgt es zumindest herunter, das andere genießt man!

Bleibt zum Schluss die Frage: Darf nun jeder Bürgerjournalist seine Meinung unter der Fahne des Qualitätsjournalismus in die Welt blasen? Und damit Autisten, und ich bezweifel stark das Albert Albern jemals einen Autisten kennengelernt hat, derart stigmatisieren und verunglimpfen? Und warum werden Homosexuelle und Behinderte gleich mit genannt obwohl sie im nachfolgenden Buchstabenwirrwarr nicht einmal mehr auftauchen? Ich denke das zeigt die Intention dieses „Urhebers“: Beleidigen, verunglimpfen und mit vermeintlich schwächeren Bevölkerungsgruppen Meinung machen.

Ich sage da nur: Nicht mit uns!

P.S.: Wenn jemand Probleme mit den 10 Geboten oder dem Christentum hat: Kein Problem. Aber lasst bitte Autisten aus der Geschichte raus! Wir sind nicht die Sündenböcke für all das was so manch einer anscheinend nicht verstanden hat!

Update:

Danke an Mellissandra für den Hinweis auf einen weiteren Artikel von Albert Albern über Autismus. Wie es scheint ist er wohl selbst Autist. Warum er dann so verallgemeinernd und verwirrend und auch falsch über Autismus schreibt erklärt sich mir nicht. Ich bleibe bei meiner Kritik zu dem Artikel. Auch weil es, in meinen Augen, scheinheillig wäre die Kritik nun abzumildern oder zu negieren bloß weil der Autor Autist ist. Ich kritisiere Inhalte. Und die haben sich nicht geändert.